Wichtige Normenänderungen bei Sicherheitsschuhen/Arbeitsschuhen zum 1.4.2023
aus DIN EN ISO 20345:2012-04 wird nun die DIN EN ISO 20345:2022-06
Nach langer zeit ändern sich die Zulassungs-/Prüfnormen für Sicherheitsschuhe, Arbeitsschuhe in Europa. Es gibt eine neue Norm zur Klassifizierung dieses wichtigen Ausstattungselements für Sicherheitsschuhe. Der grobe Rahmen ist noch geblieben - das heißt, es geht hier um die Betrachtung des Zehenschutzes, der Rutschfestigkeit der Sohle, der Beständigkeit des Außensohle gegenüber bestimmten Einflüssen und auch der Durchtrittfestigkeit, die jetzt neu benannt und geprüft wird und unter dem Begriff "Durchstichfestigkeit" klassifiziert wird. Das ist wohl die absolut wesentlichste Neuerung - hier die Details zum nachlesen (ohne Gewähr!):
• Die Norm gilt für alle neu in den Verkehr gebrachten Sicherheitsschuhe ab dem 01.04.2023. Zertifizierte Schuhe nach „alter Norm“/bisheriger Norm bleiben solange gültig, so lange das Zertifikat eine Gültigkeit besitzt (ähnlich wie beim TÜV ist das Zertifikat für Sicherheitsschuhe zeitlich befristet und muss am Ende erneuert werden).
Wichtig: Es wird noch eine Weile beide gültigen Zertifizierungen geben!
• Es gibt nun auch eine (neue) Kennzeichnung „SC“ für die besondere Abriebfestigkeit des äußeren oberen Zehenbereichs durch eine zusätzliche Schutzkappe. Insbesondere bei knienden Tätigkeiten wichtig, bei denen der vordere Schuhbereich sich ohne Schutzkappen leicht durchscheuert (gab es bis dato noch nicht)
• Die bisherige Rutschfestigkeit wurde durch „SRA, SRB, SRC“ klassifiziert. Das entfällt zukünftig und wird nur noch durch den allgemeinen Test mit „SR“ klassifiziert (Rutschfestigkeit auf einer mit Glyzerin beschichteten Keramikplatte). Dies deckt somit die bisherigen Stufen mit ab. Eine Rutschfestigkeit des Schuhs auf einer NaLS-Lösung (z.B. Seifenlösung) gilt als Grundvoraussetzung. Wird diese noch nicht einmal erfüllt ist das Kennzeichen „ø“ (bedeutet = keine besondere Rutschfestigkeit erfüllt) zu verwenden!
• Die Dichtigkeit eines Schuhs wurde bisher auch durch das Kürzel „WRU“ beschrieben – das gibt es so nicht mehr und man gebraucht nun noch „WPA“ (für das Eindringen und der Aufnahme von Wasser über das Obermaterial) und „WR“ (als wirklich wasserdichter Schuh – sowohl von oben als auch von unten). Hierdurch gibt es auch die neuen S-Klassen „S6“ und „S7“ (S7L/S7S).
• Der wahrscheinlich wichtigste Unterschied besteht nun in der Testung des Nageldurchtritt – nicht alleine der Begriff hat sich geändert, so sprach man bisher immer von „Durchtrittfestigkeit“ was nun durch „Durchstichfestigkeit“ (= Widerstand gegen Durchstich) ersetzt ist. Das hat auch einen entscheidenden Grund: das Testverfahren ist differenzierter geworden: man testet zum einen mit „starrer Stahleinlage“ (P) und einem 4,5mm dicken Nagel, zum anderen mit einer „flexiblen, nichtmetallischen Einlage“: hierbei testet man mit einer dünnen Nagelvariante (PS) mit nur 3mm Dicke und im Gegenzug mit einer dickeren Nagelvariante (PL) mit 4,5mm Dicke. Der aufgewendete Druck des Nagels/der Sohle ist immer 1100 Nm.
Wichtig: der "Durchtritt" (alt) - jetzt neu der "Durchstich" wird wesentlich differenzierter und anwenderfreundlicher getestet und ausgewiesen (durch die P-Symbolik). Wer also einen flexiblen Nageldurchstich mit hoher Sicherheit haben möchte, sucht somit am besten nach den Varianten „PS“.
• Es gibt nun auch die neue Kennzeichnung „LG“ – damit ist der Schuh besonders für rutschfesten Einsatz auf Leitersprossen geeignet. Im Gelenkbereich der Sohle (somit etwa zwischen Ferse und Laufsohle) muss ein Querprofil vorliegen, dass mindestens 1,5mm hoch ist. Dies wird meistens durch einen Absatz zwischen Ferse und Laufschuh erreicht, der auf der Sprosse ein wegrutschen verhindert. Ideal also für Personen, die viel auf Leitern arbeiten.
• In weiteren Bereichen sind Anpassungen vorgenommen worden, die aber hier nicht weiter vertieft werden können. Betroffen sind die Bereiche der Sohle (FO) – Beständigkeit gegen Kohlenwasserstoffe/Benzin etc., Energieaufnahme im Fersenbereich (E), die Antistatik (A), die Kälte-/Wärmeisolierung der Sohlen (CI – HRO – HI). Ebenso sind neue optionale Merkmale der Metatarsal-Schutz (Mittelfußschutz) des Fußristes (M) und ein zusätzlicher Knöchelschutz (AN).
• Die Zulässigkeit von Umarbeitungen an Sicherheitsschuhen wurde ebenfalls differenziert (bisher DGUV 112-191) – es wird nun unterschieden, ob nur die Einlegesohle (Typ1), die Laufsohle als solche (Typ2) oder auch ein maßgefertigter Schuh (Typ3) gewünscht ist.
WICHTIG: Schuhe immer ersetzen bei Beschädigungen des Obermaterials, der Sohle, der Verbindungen, Rissbildungen, Geringer Profiltiefe < 1,5mm und Verschlussdefekten.
Bei einem so wichtigen Ausstattungsmerkmal wie der Fuß-Schutz kann man generell nur empfehlen, nach einem halben Jahr bzw. spätestens nach einem Jahr die Schuhe auszutauschen - unabhängig einer optischen Beschädigung. Die Materialien ermüden, Weichmacher verflüchtigen sich und Dämpfungseigenschaften gehen verloren - ähnlich wie bei einem Stoßdämpfer am Auto. Hier sieht man oftmals mit dem bloßen Auge auch keine Defekte - die sind vielmehr dann in der fehlenden/nachlassenden Funktionalität begründet. Und dann ist es oft zu spät!
Bedenken Sie: Ein Sicherheitsschuh, der 100 Euro kostet und circa 230 Arbeitstage getragen wird, kostet gerade einmal 0,43 Euro am Tag! Eine Zigarette oder ein Brötchen kosten genau so viel!
(© 04/2023 - eigene Recherchen/Zusammenfassung aus der DIN EN ISO 20345:2022 - Dipl.Kfm. Michael Haas - Verwendung und Nachdruck nur mit Genehmigung)